Reh  C) Elke Gelzleichter
Reh C) Elke Gelzleichter

Ein Reh

hat die Augen eines unschuldigen Kindes, Tl. 1

Das Europäische Reh (Capreolus capreolus)

c) fotocommunity
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Da tritt es aus dem Wald hervor, das scheue Angst- und Fluchttier, bleibt stehen,verweilt und blickt einen - anscheinend ohne Angst und Furcht - unverwandt mit den Augen eines unschuldigen Kindes an, bevor es sich abwendet und geht. Welch ein Geschenk!

Der Atem stand einem still, kein Gedanke daran, dass es sich bei diesem schönen, scheuen Mitgeschöpf um die in Europa kleinste und häufigste Art der Hirsche handelt. Als sogenanntem Trughirsch besteht eher eine Verwandtschaft von ihm mit Ren, Elch bzw. dem amerikanischen Weißwedelhirsch als mit dem Rothirsch, der ebenfalls in Mitteleuropa heimisch ist.

Ursprünglich an Waldrandzonen und -lichtungen heimisch, hat es sich aber erfolgreich (durch die Jagd bedingt) eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Habitate erobert und ist sogar in offenen Agrarsteppen zu finden. Als Wiederkäuer und sog. Selektierer bevorzugen sie eiweißreiches Futter. Überwiegend in kleinen Gruppen – Ricke und Kitze – verbringen sie das Sommerhalbjahr, während sich im Winter kleine Rudel bilden, meist drei bis vier Tiere einschließend, in offenen Agrarlandschaften zeigen sich oft bis zu 20 Tiere in einer Gruppe. Das von der Wildtierstiftung im Jahr 2019 als Tier des Jahres ausgezeichnete Mitgeschöpf gehört zu dem sog. „Schlüpfertypus “, d. h. dass die keilförmige Körperform ihm ein lautloses Durchschlüpfen ins Dickicht erlaubt. Das von der Deutschen Wildtierstiftung zum Tier des Jahres 2019 erwählte Reh zeigt als ausgewachsenes Tier eine Körperlänge von 107 bis 127 cm und kann eine Schulterhöhe von 65 bis 84 cm erreichen. Je nach Ernährungszustand wiegen die ausgewachsenen männlichen Tiere zw. 20 und 34 kg und die Weibchen zw. 17 und 29 kg; auffallend dabei die leicht gekrümmte, nach vorne abfallende Wirbelsäule, die die Kruppe höher liegen lässt als den Widerrist. Im Verhältnis zum Rumpf zeigen sich die Beine zierlich und lang und in den Hinterläufen am Sprunggelenk stark eingeknickt.

Bemerkenswert, dass das Gewicht der Tiere tendenziell von Südosten nach Nordosten steigt, ebenso von tieferen zu höheren Lagen sowie von wärmerem zu kälterem Klima.

Man sieht, dass der Kopf des Rehs im Verhältnis zum Rumpf kürzer wirkt und im Profil einen fast dreieckigen Anschein hat, die lang-oval zugespitzten Ohren entsprechen in ihrer Länge etwa etwa 2/3 der Kopflänge, der schlanke Hals ist länger als der Kopf, die schwarzbraune Iris der Augen zeigt eine quer gestellte Pupille.

 

Man kennt das im Sommer braun-rot glänzende Haarkleid, das allerdings von einem Braunrot bis zu einem Fahlgelb variieren kann und aus Leithaaren, Grannen- und Wollhaaren besteht. Dabei bilden Leit- und Grannenhaare die Deckhaare, darunter liegen die sehr dünnen, gekräuselten Wollhaare, die Innenseite der Läufe und der Bauch zeigen eine hellere, gelbliche Farbe. Die Region am Hinterteil, Spiegel genannt, hebt sich in der Farbe vom übrigen Fell ab, meistens in gelblichem Weiß.

Bei den männlichen Tieren – den Rehböcken – zeigt sich am Kinn und jeder Seite der Oberlippe ein kleiner weißer Fleck und häufig auch oberhalb der Nasenpartie,

Bei beiden Geschlechtern zeigen die Ohren auf der Außenseite eine grau-braune Farbe mit einem dunklen schwarzen Rand, im Ohrinneren mündet die Farbe in ein graues Weiß.

Zunächst unauffällig verläuft im September bis Oktober

der Übergang vom Sommer- zum Winterkleid; denn die roten Sommerhaare verdecken lange optisch das wachsende graue Winterkleid. Der für Beobachter erkennbare Haarwechsel verläuft sehr schnell und ist bei gesunden Rehen innerhalb einer Woche abgeschlossen. Auch im Winter variiert die Haarfarbe von Hell- bis Dunkelgrau, und auch im Winterhaarkleid zeigt die Körperunterseite der Tiere eine hellere Farbe als die Körperoberseite. Die einzelnen Haares des Winterkleides sind hohl und erlaubt dadurch eine bessere Wärme-Isolierung durch Lufteinschluss.

Im Zeitraum von März bis April erfolgt der Wechsel zum Sommerkleid, zuerst am Kopf und am Widerrist sichtbar. 

Bei den Jungtieren der Rehe – bei den Kitzen – zeigt sich zunächst im rotbraunen Fell eine weiße Punktierung auf dem Rücken und den Flanken, die ab dem Alter von einem Monat immer mehr verblasst und im Alter von zwei Monaten ganz verschwindet mit dem Überwachsen der roten Sommerhaare. Erstaunlich: Unter den Sommerhaaren ist das braune punktierte Haarkleid der Kitze noch bis zum Überwachsen mit dem Winterkleid noch vorhanden.

Zu erwähnen ist, dass es neben den rotbraunen auch albionitische (reinweiß, mit roten Augen) und

auch teilalbionitische (gescheckte, mit verschieden großen dunklen Flecken) Rehe gibt, neben schwarzen Individuen, von denen im nördlichen Mitteldeutschland zahlreiche Exemplare zu finden sind, vermutlich bereits um 990 in der Umgebung von Haste, sicher belegt um 1591 sicher belegt durch einen Brief des Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel an den Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel aus dem gleichen Jahr, in dem er um Zusendung der versprochenen schwarzen Rehe bittet.

 

Wie erklärt sich die schwarze Färbung? Wahrscheinlich zunächst durch die Vermehrung des schwarzen Pigments mit Unterdrückung der Rotfärbung, vermutlich mit rezessiver Vererbung. Der Kopf bis zu der Augenlinie, Nacken, Rücken und der obere Teil der Läufe glänzen im Sommer tief schwarz, während die Körperunterseite grau-schwarz wirkt. Im Winter glänzt das Schwarz etwas matter. Schwarz gefärbt sind selbst die Kitze, bei denen sich aber wie bei normal gefärbten Kitzen beiderseits des Rückens helle Flecken beiderseits des Rückens zeigen.  

Die männlichen Rehe, die Rehböcke, tragen ein Geweih, auch – je nach Sprachraum – Gehörn, Gewicht oder Krickl genannt, das aus zwei runden bis ovalen Stangen besteht, die bei Tieren in Mitteleuropa 15 bis 20 cm erreichen. Bei älteren Böcken weisen die Stangen im Normalfall drei Enden auf: eine sog. Vordersprosse sowie eine Mittelsprosse (das eigentliche Stangenende) und die in der Höhe zwischen beiden liegende Hinter- oder Rücksprosse. Welche Funktion besitzt im Grunde dieses Geweih? Zum Ausfechten und Verteidigen der Rangordnung. Außerdem produzieren die Kolbenenden bis zum Fegen (Abstreifen) der Basthaut ein Sekret, das an der Vegetation abgestreift wird. Als eine Überschussproduktion des Körpers spielen für seine Entwicklung das Alter des Tieres und seine Ernährung ein wichtige Rolle. Erst nach Abschluss der körperlichen Entwicklung des Rehbocks kann auch die Geweih-Entwicklung ihren Abschluss erreichen, das geschieht in der Regel bei einem Tier von fünf Jahren, ein Alter, in dem Geweih-Masse und -Volumen ihr Maximum erreichen.  

 

Reh - 2.  Teil -  bitte auf Gif klicken