Die Passion der Pferde – Apassionata

Zeit für Träume oder Alpträume?

Da sitzt du nun, du begeisterter Zuschauer, in dem abgedunkelten Raum, dieser Arena-gleichen Halle und freust Dich...freust Dich auf die „magischen Momente“ zwischen Pferd und Mensch, die vollmundig auf großartig gestalteten Plakaten angekündigt worden waren. Da sitzt du nun in einer bestimmten Erwartungshaltung im Brustton der Überzeugung, ein Tierliebhaber und Pferdefan zu sein. Wie wunderbar, dass man noch rechtzeitig Karten für die Familie ergattern konnte, man will ja schließlich mitreden können, wenn alle davon reden, wenn sie davon berichten, welche einzigartigen Dressurakte in diesen Shows mit den klingenden Namen zu bestaunen sind, Namen wie „Sehnsucht“, „Zauber der Freiheit“, „Im Licht der Sterne“, „Gemeinsam bis ans Ende der Welt“, „Freunde für immer“ und nun - „Zeit für Träume“ ...Alle Jahre wieder eine neue Show, ein neues „Drehbuch“ zu einem neuen Motto mit einer anderen – zugegeben - „platten“ Geschichte. Aber was soll`s ...die Darbietungen als solches sind doch ein Genuss, oder? Unter der Regie von einem „Lichtkünstler“, zeigen - neben Pferden und Reitern - Sänger, Tänzer, Akrobaten ihre Künste, die bisher schon von fast 3 Millionen Zuschauern gesehen und erlebt wurden. Begleitende Musikstücke, speziell für das Spektakel komponiert, erfreuen das Ohr zum Augenschmaus: Toll, diese weiß bedresste Dame (geschmückt wie ein Zirkuspferd), auf dem strahlend-weißen Pferd – vielleicht aus der Rasse eines spanischen PRE (Pura Raza Espanola) - durch den aufsteigenden Nebel schwebend, zum enervierenden Gesang einer isländischen Künstlerin. Jaaa, das ist klassische „Spanische Hofreitschule“! Wie dieses schöne Tier so elegant die Hufe setzt während der Piaffe... wie heißt es eigentlich? Hat jemand seinen Namen gesagt (schneller Blick in das Programm)? Jetzt drehen Pferd und Reiterin noch eine Runde im eleganten Passage-Kunstschritt - tief muss sich nun der Schimmel vor der Sängerin verbeugen, tief hinab in die Nebel, die immer noch wallen..und wallen...Was es alles zu sehen gibt: Pferde im Stechschritt unter Herren in Zylindern und elegantem Zwirn, Wildwest-Einlagen mit Colt-Geknalle, Lightshows und Feuerwerk...Erfüllung von Kinderträumen: Schimmel im Mondlicht, Cowboy und Indianer? Einzigartig diese Dressurarbeit, alles in schönster Harmonie – welch ein Genuss. Und das Eselchen, nein – wie lustig, es liegt auf dem Rücken, und das scheint ihm ja Spaß zu machen!

Aber dann ist diese Zeit der Träume verstrichen, und auf seltsame Weise verfolgt sie dich im Schlaf. Plötzlich bist du fähig, auf vier schlanken Beinen zu laufen, trägst eine Last auf dem Rücken ...bist du etwa jenes weiße Pferd aus der Show, wie unangenehm! Und Du erinnerst dich an das harte Training, die Dressur, wahrhaftig mit Zuckerbrot und Peitsche. Es ist besser, denkst du dir, in diesen gewollten künstlichen Gangarten zu paradieren, diesen lächerlich gezierten Verformungen der drei natürlichen Pferdegangarten Schritt, Trab und Galopp, diesen Kunstformen, die einst Kaiser Ferdinand noch vor dem 30-jährigen Krieg mit den weißen Pferden aus Spanien mitgebracht hat. Du grübelst nach den Namen dieser künstlichen Schrittfolgen, ach ja, Piaffe, Passage, Pirouette, Traversale heißen sie..Wie veraltet ist es doch, dieses Dressurreiten, nicht mehr modernen Erkenntnissen gemäß – das weißt du und du leidest so wie jeder Mensch leiden würde, den man zu Körperhaltungen und Gangarten zwingt, die ihm nicht angeboren sind. Doch jetzt bist du ein Pferd und musst der Gewalt und den Anweisungen derer Folgen, die sich anmaßen, dein Besitzer zu sein oder auch Herr über dein Leben. Deshalb leistest du Gehorsam, denn du verdienst dein Brot sehr schwer...Besonders schlimm belasten dich diese Nebel, erzeugt aus Trockeneis, als Dämpfe reinen verfestigten Kohlendioxids! Immer wieder musst du es einatmen, schon allein aufgrund der vorgeschriebenen Kopfhaltung („fest an die Brust gezogen und immer dabei kauend“). Du spürst, wie dies deinen Lungen schadet. Das wissen sie doch die Pferdekenner, auch die Pferdelunge braucht genügend Sauerstoff und keine Zufuhr von CO². Die Pferdekrankheit, die durch zuviel Kohlendioxid in der Lunge ausgelöst wird (gleich aus welchen Gründen), nennt sich Dämpfigkeit und du fragst dich wieviele deiner Mitstreiter schon daran gestorben sind .. Als entsetzlich empfindest du auch diese Knallerei, da möchtest du am liebsten davonjagen, zusammen mit dem grässlichen Feuerwerk weckt sie deine Fluchtinstinkte. Aber du hältst es aus, so musst du eben dein Brot verdienen, ein hartes Los. Jetzt erinnerst du dich an den Esel, einer der Pferdeartigen, die eher beschaulich durch das Leben gehen, sozusagen ein Leben im Schritt-Tempo. Sie müssen sich alles anschauen, bevor sie einer Sache sicher sind und dann können sie erst weiterziehen (was ihnen aus Unverstand den Ruf der Störrigkeit eingebracht hat)...Und du magst es dir nicht ausdenken, wie man ihn dazu gebracht hat, sich wie ein Hund oder eine Katze auf den Rücken zu legen...schauderhaft! Jetzt wird es dir klar, nun ist die Zeit der Alpträume angebrochen und mühsam reißt du dich aus der Verworrenheit des Schlafes, Schweiß rinnt über dein Gesicht...Du bist erwacht und ....Gott sei Dank, du bist ein Mensch!

Nun bildet sich in deinem menschlichen Hirn eine Frage: Apassionata, Zeit für Träume? Wahrscheinlich für die Betreiber, die Organisatoren, das Unternehmen – die Zeit der Träume von den gefüllten Kassen, wie bei all jenen, die mit Ausbeutung von Tieren sich eine „goldene Nase“ verdienen. Für die Pferde ein täglicher Weg des Leidens, eine tägliche Passion.

Apassionata oder Appassionata, verehrtes Publikum? Appassionata, „die Leidenschaftliche“, ein besseres Wort für die Gefühle, die den denkenden, interessierten Menschen beschleichen, angesichts der Tragödie, die sich alljährlich vor den Augen eines jubelnden, zahlungskräftigen Publikums in aller Welt wiederholt. Leidenschaftlich eintreten für die Rechte von Entrechteten, von Gedemütigten und Geknechteten und besonders laut die Stimme erheben für jene, die keine Stimme haben – auch als Christenmensch, nein viel mehr „insbesondere als Christenmensch“. Das sei auch jenem christlichen Radiosender in’s Stammbuch geschrieben, der sich „Paradiso“ nennt, der mit seiner exzessiven Werbung für Apassionata viele ernsthafte Hörer seiner Fan-Gemeinde verstört. Paradiso, das Paradies also, bewirbt eine Hölle für Tiere? Die Bibel beschreibt das Paradies anders:

Da heißt es beispielsweise in Jesaia 11, ab Vers 6 wie folgt: „Die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen, und die Pardel bei den Böcken liegen...“ (weitere Lektüre wird empfohlen, sehr interessant). Viele Bibelstellen weisen auf den Schutz der Tiere hin (wenn auch die meisten – neben den vegetarischen Ernährungsvorschriften der frühen Christen – den kirchlichen „Reinigungsbestrebungen“ schon in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt zum Opfer fielen), z.B. in 5. Mose 22, 4: „Wenn du deines Bruders Esel oder Ochsen siehest fallen auf dem Wege, so sollst du dich nicht von ihm entziehen, sondern sollst ihm aufhelfen, und in Vers 6 heißt es: „Wenn du auf dem Wege findest ein Vogelnest, auf einem Baum oder auf der Erde, mit Jungen oder Eiern, und dass die Mutter auf den Jungen oder Eiern sitzet, so sollst du nicht die Mutter mit den Jungen nehmen“. ..Diese Tierschutzstellen ließen sich ohne Mühe vielfältig fortsetzen. Viele ahnen es, wir wissen es: Die Menschheit ist lediglich der Verwalter der Erde:

"Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte (1. Mose 2, 15). Bewahren, nicht veruntreuen, heißt das Losungswort; denn alles Handeln wird in den göttlichen Gesetzen, nämlich den Naturgesetzen, unauslöschlich vermerkt mit – früher oder später - gravierenden Folgen in den Zeitläuften.

Deshalb: Ein Ja für jene andere Appassionata – für die „Leidenschaftliche“. Leidenschaftlich gilt es, das Recht der Tiere, hier im Besonderen der Pferde, zu verteidigen, als getreue Sachwalter höchster menschlicher Ethik und Bewahrer von Mutter Erde und ihren Geschöpfen.

 

Dass sich die Show Apassionata mittlerweile Cavalluna nennt, macht sie auch nicht besser: Die Veranstalter verdienen sich eine „goldene Nase“ mit dem Leid der Pferde.